wie ich lernte die mechanik zu lieben - part I

Ein kleiner Exkurs, wie ich in weniger als einem Jahr in ein ganz tiefes Rabbit Hole stürzte

Ihr seid Nerds

Den genauen Tag kann ich leider nicht mehr benennen, aber es war in der ersten beiden Wochen des Monats März 2022 als wir, ich und ein hier nicht weiter genannter Herr, uns während eines beruflichen Telefonats plötzlich über Tastaturen unterhielten. Ich war vollkommen überzeugt von der wundervollen Qualität der Low Profile Tastaturen von Apple oder den Logitech MX Keys, die zum damaligen Zeitpunkt im täglichen Einsatz waren. Doch ich hörte ein müdes Lächeln aus der anderen Seite der Leitung und so fiel der Satz “Im Büro in meinem Rollcontainer liegt meine Ducky, nimm Dir die mal mit und teste sie. Hier im Home Office nutzt sie mir ja eh nichts, wenn sie im Büro liegt.” (sinngemäße Wiedergabe des Wortlauts und kein Anspruch auf Genauig- oder Vollständigkeit). Gut, ich willigte ein und wollte sie beim nächsten Besuch im Büro einpacken.
Die Zeit bis dahin konnte man aber doch schonmal nutzen, oder? Was gibt es so für Schalter, was für Keycaps, was für Boards? Man muss ja wissen, auf was man sich da so einlässt und wenn man bereits von Nerds zu einem Thema umzingelt ist, dann bekommt man natürlich auch direkt das gesamte Vier-Gänge-Menü schmackhaft gemacht, ob man will oder nicht. Und nachdem ich einige Tage lang immer wieder kleine Informationshappen bekam, sah ich mich auch bereits während der Bahnreisen, die die nächsten beiden Wochenenden anstanden, immer weiter in das Thema einlesen, einfach nur weil es auch irgendwie interessant war. Schon bevor ich die erste Taste des Boards gedrückt hatte, wusste ich bereits um die verschiedenen Switch-Farben, kannte die unterschiedlichen Tastaturgrößen und vor allem auch -formen, Keycap-Profile und eine große Reihe an “Fachbegriffen”. Nun wurde es doch auch langsam wirklich mal Zeit zu tippen und so war es der 15.3., an dem ich mich mal wieder im Büro blicken ließ und die Ducky in meinen Rucksack wanderte. Zuhause wieder angekommen arbeitete ich erst einmal weiter und legte die Tastatur beiseite, bereit sie am nächsten Tag mal statt meiner MX Keys zu nutzen.

Zeh ins Wasser halten

Am nächsten Tag ausgepackt und angeschlossen musste ich ersteinmal das Kennwort meines Accounts eingeben und ich erinnerte mich noch heute, wie fremdartig aber zugleich faszinierend dieses Gefühl war. Seit über 10 Jahren hatte ich mich an den geringen Tastenweg, die Haptik der Tasten, das helle doch zugleich gedämpfte Geräusch gewöhnt. Und nun hatte ich hier etwas komplett anderes unter meinen Fingern - an sich schon schwerer, dennoch schmaler, aber auch von den Tasten her gänzlich anders. Es war eine Ducky 2, 75% Layout, Brown Switches die mir eine Gänsehaut verursachte, vorrangig jedoch ersteinmal nicht im positiven Sinn. Aber gut, man muss ja nicht nur den Zeh hineinhalten, sondern auch wirklich mal versuchen zu schwimmen. Ich hatte Zeit um die Theorie des Themas zu verstehen geopfert, nun musste ich mindestens genauso viel Zeit auch in den Praxistest investieren, bevor ich das Keyboard ins Korn werfe. Und so begann ich mit der Tastatur zu arbeiten. Zum Glück hatte die Ducky auch das ANSI-US Layout, so dass wenigstens hier für mich keine Umgewöhnung notwendig war.
Ich sprang also ins kalte Wasser und schwamm - ich schwamm, als wäre ich jeden Tag geschwommen und wäre dieses Gewässer mehr als gewohnt. Und ja, bereits am zweiten Tag wusste ich was ich wollte. Ich wollte auf einer mechanischen Tastatur schreiben!

Das ist der Weg

Gut, man muss an dieser Stelle jedoch auch sagen, ich wollte nicht auf dieser Tastatur bzw. diesem Setup schreiben. Ich wollte die Größe des Boards, ja, aber das Keycap-Profil sagte mir nicht zu, lineare Switches sind nichts für mich und auch der Sound machte mir kein wohliges Gefühl in der Magengegend. Sound? Ich wäre drei Wochen vorher nicht mal im Ansatz auf die Idee gekommen, dass Sound bei einer Tastatur überhaupt ein Thema sein kann. Ich wollte doch eigentlich nur tippen, arbeiten, jeden Tag. Aber von nun an wusste ich, dass ich dies nicht mehr auf der MX Keys machen wollte, dass ich dieses Gefühl und diesen Sound brauche, damit mir das auch wieder Spaß macht. Also wenden wir doch direkt mal das Wissen, welches ich mir die letzten Wochen angeeignet habe, an und suchen nach einer passenden Tastatur für mich. Wie praktisch, dass ich bereits in dieser Zeit meine Möglichkeiten abgewogen und passende Optionen ins Auge gefasst hatte. Und so wurde noch am selben Tag eine Keychron K3 bei Amazon bestellt, eine Tastatur, die bereits nach zwei Tagen auch wieder auf den Rückweg ging. Auch das war nicht, was ich wollte. Vielleicht musste ich wirklich in den sauren Apfel beißen und mir selbst etwas zusammenstellen? In den YouTube-Videos sah das immer so einfach aus, das müsste ich doch auch können, dachte ich mir. Und so verbrachte ich den folgenden Abend der Recherche, welches Board für einen Anfänger geeignet wäre. HotSwap-Switches, massives Gehäuse, Bluetooth mit Support für den Wechsel zwischen mehreren Geräten, wie es meine Logitech konnte - die Royal Kludge RK84 Pro war die Tastatur meiner Wahl, nur die Keycaps waren ein Wermutstropfen. Ich mochte das Profil nicht, kannte ich bereits, nichts für meine Finger und so landete dann kurz darauf neben der Tastatur auch ein Set Akko ASA Keycaps, welches gerade im Angebot war, in den Warenkorb und machten sich auf den Weg zu mir.

Dies hier ist meine Tastatur

“Dies hier ist meine Tastatur. Es gibt viele andere, aber diese ist meine. Meine Tastatur ist mein bester Freund.” Müsste es nicht so oder zumindest so ähnlich heißen? Es fühlte sich leider nicht so an. Klar, was mich hier erwartete war schon ein weiterer Schritt in der Entwicklung einer Tastatur, meiner Tastatur, aber auch hier machten mir Switche und Keycaps einen Strich durch die Rechnung.
Dies war dann wieder der Moment, in dem ich dafür dankbar war, dass mein Enthusiasmus mich manchmal zu intensiv mitreisst und ich versuche innerhalb kürzester Zeit alles an Informationen aufzunehmen, was auch nur irgend möglich ist. Switchtester waren zu diesem Zeitpunkt schon bestellt, teils bereits geliefert. Ich hatte auf Twitter und Discord ebenso nach Empfehlungen gefragt und gefühlt konnte ich obendrein auch alle Keycapprofile aus dem Kopf sauber nachzeichnen. Mögliche Optionen die Tastatur zu modden hatte ich ja vor Bestellung selbiger auch im Kopf notiert. So war mir nun recht schnell klar, was ich alles ändern musste, aber ob dies auch zu meiner Tastatur führen würde? Inzwischen bekam ich immer häufiger aus der Bubble mit, dass es nie bei nur einer Tastatur blieb. Und auch dann, ganz gleich wie sicher man sich sei das richtige Setup gefunden zu haben, stolperte man über kurz oder lang über die nächste Entwicklung, die man unbedingt ausprobieren wollte.
Ich fragte mich, worauf ich mich hier eingelassen hatte? Wie tief kann man in dieses Rabbit Hole stürzen? Und der März war noch nicht einmal vorbei.

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